Artikel:
5S – drei typische Denk- und Betrachtungsfehler
Viele Unternehmer sehen die 5S-Methode als ein einfach anzuwendendes Tool. Mit der Entscheidung der Einführung, stellen sich daher viele die Frage: Wieso sollten wir 5S nicht einfach allein und nur mit internen Mitteln umsetzen? In der Praxis entpuppt sich die Umsetzung im eigenen Betrieb dann häufig als wenig nutzbringend.
Gleichwohl gibt es Unternehmen, die Versuche durchführen, 5S eigenständig zu realisieren und das im ganzen Unternehmen, ganz ohne Dienstleistungen von außen sowie im riskantesten Fall auch ohne jegliche Vorerfahrung.
Dazu, was verkehrt an 5S gesehen wird, worauf für eine erfolgreiche Umsetzung geachtet werden sollte und was bei einem Alleingang schieflaufen kann, bieten die folgenden Inhalte einen ersten Einblick. Wer diese kennt und beachtet, sorgt für eine schnelle und nutzenorientierte 5S-Einführung.
Mehr als Ordnung und Sauberkeit
5S ist kein Frühjahrsputz, der mal eben hilft, die Besenkammer zu entrümpeln. Zumindest nicht, wenn die 5S-Methode als systematische Vorgehensweise zur Gestaltung, Organisation und Standardisierung der gesamten Arbeitsumgebung verstanden wird.
Unnötiges auszusortieren, um mehr Platz für tatsächlich benötigte Arbeitsmittel zu haben, ist dabei nur der erste von insgesamt fünf anzustrebenden Schritten. Hier ist noch lange nicht Schluss. In den auf das Aufräumen folgenden Maßnahmen bekommen Arbeitsmittel einen unter ergonomischen Gesichtspunkten ausgesuchten, gekennzeichneten und beschrifteten Platz, werden Arbeitsort und Arbeitsutensilien gereinigt und dabei die Funktionsfähigkeit geprüft sowie Anordnungen zum Standard gemacht. Damit die Punkte aufrechterhalten werden können, ist Disziplin erforderlich. Alles diszipliniert einzuhalten und gegebenenfalls zu optimieren, schließt den Kreis der Maßnahmen.
Bei der richtigen und vollständigen Umsetzung verhilft 5S so zu einer Verbesserung von Arbeitsprozessen. Strukturen werden in einer Form gestaltet, dass störungsfrei gearbeitet werden kann. Suchen, lange Transportwege und unnötige Wartezeiten sind Geschichte. Die reine Bearbeitungszeit eines Produktes oder einer Dienstleistung erfährt durch das Minimieren von Störungen einen signifikanten Zuwachs. Auch Arbeitsplatzwechsel sind, dank der Standardisierung, idealerweise über alle Fertigungslinien hinweg, für alle Mitarbeiter ohne Eingewöhnungszeit bzw. Neuorientierung möglich.
5S bedeutet ebenso Transparenz über physische Güter, Personaleinsatz, Qualifikationen und Kennzahlen wie Produktivitätskennzahlen, Maschinenkennzahlen, Liefertreue oder Management-Info zu haben. Abweichungen sind jetzt, ohne tief über Prozesse informiert zu sein, für jeden erkennbar. Dafür sorgen maßgeblich die Visualisierungen. Die positive Konsequenz ist, Entscheidungen frühzeitig ableiten und treffen zu können.

Ein sauberes und ordentliches Arbeitsumfeld gilt also als Grundlage für Qualitätsarbeit. Ordnung und Sauberkeit fungieren dennoch eben nur als Grundvoraussetzungen, als Teilwerte eines Ganzen von 5S, und stellen nicht die viel umfassenderen, übergeordneten Ziele dar.
Die Schnöring GmbH beispielsweise, ein mittelständisches Familienunternehmen, das Stanzbiegeteile, Baugruppen und technische Federn fertigt, konnte in einer zuvor als chaotisch einzuordnenden Abteilung in einem Projekt mit Harkort Consulting und mittels Lean Management und 5S, die Produktivität in besagter Abteilung um 106 % steigern, den Fertigungsrückstand um 51 % reduzieren und die Liefertreue um 135 % erhöhen.
5S als Bestrafung statt Kooperation verstehen
Dieser Betrachtungsfehler resultiert aus dem Denkfehler, 5S nur als Ordnung und Sauberkeit zu definieren. Einzelnen Personen sehen das in den vorherigen Zeilen beschriebene große Ganze nicht. Bei kleinsten Brüchen mit der Sauberkeit, sind vorschnelle Schuldzuweisungen dieser Gruppe an andere nicht weit. Doch der mahnende Zeigefinger lähmt Mitarbeiter.
Ein falsches Konfliktverständnis verhindert, dass das Team zusammenrückt und eine bessere Zusammenarbeit entsteht. Im Gegenteil, mögliche Widerstände bei den Mitarbeitern werden durch das Zuweisen von Schuld gefördert. Insbesondere das Führungspersonal muss im Auge behalten, dass die gesamte Belegschaft eingebunden und immer wieder motiviert werden muss, auch indem sie den Sinn sowie die Zielsetzung hinter jedem einzelnen Schritt der 5S-Methode aufzeigt.
Liegt ein Lappen bei Schichtwechsel noch auf dem Tisch, an statt an der Reinigungstafel zu hängen oder sind neue Dokumente in dem gerade erst sortierten Projektordner ohne die richtige Beschriftung hinzugekommen, um nur zwei Beispiele zu nennen, kann der Unmut innerhalb der Belegschaft wachsen. Zwischen denen, die besonders achtsam sind und jenen, die es mit der Umsetzung nicht ganz so ernst nehmen, entsteht schnell eine „Stasi-Mentalität“. Fotos werden von der „Unordnung“ gemacht und per E-Mail an die Führungsebene gesendet. Eine fatale Entwicklung, aber auch ein Szenario, dass sich so in Unternehmen schon zugespielt hat. Umso wichtiger ist es auf Unstimmigkeiten in angemessener Art und Weise zu reagieren.
Externe Unterstützer müssten hier genauso wie die internen Führungskräfte, die in der Verantwortung stehen, Transparenz über die Ist-Situation und den Veränderungsprozess zu verdeutlichen, allen Mitarbeitern auf Augenhöhe begegnen. Etwas nur in tadelnder Art und Weise vorzugeben, wird langfristig zu keinem Erfolg führen. Von der Managementebene bis zu der Produktion, alle müssen mitgenommen und nicht mit Druck und Kritik ausgeschlossen werden. Nur als gelebte Unternehmenskultur, unter Beteiligung aller Hierarchieebenen, kann 5S seine volle Leistungsfähigkeit erreichen.
Der Bereich der Produktion ist nicht alles
Eine weit verbreitete, jedoch falsche Annahme ist, dass 5S ausschließlich im Produktionsumfeld angewandt wird. Ursprünglich kommt die Methode zwar aus dem Produktionsbereich. Als methodisches Werkzeug ist der Einsatz von 5S allerdings in allen Bereichen eines Unternehmens möglich, von der Produktion über den administrativen Bereich mit Service und Verwaltung bis hin zur IT. Ja, 5S geht auch im Büro und die Anwendung ist sinnvoll! Platzmangel, schlechte Ergonomie, große Daten- und Aktenbestände mit großem Suchaufwand, eine ungehemmte Informationsflut, anstatt sich mit solchen Zuständen abzugeben, sollte 5S einbezogen werden, für ein kreatives und effizientes Zusammenarbeiten.
Besonders vor dem Hintergrund des starken Wandels in der Büro- und Wissensarbeit, die von starren Rollen und Strukturen zu Kollaboration in interdisziplinären Teams und wechselnden Arbeitsumgebungen übergeht, schafft 5S flexible Büro und Arbeitsplatzkonzepte.
Fazit
5S ist als Lean-Tool bekannt, häufig jedoch in der wirklichen Bedeutung falsch beurteilt. Vielen ist die positive Tragweite bei richtiger Anwendung nicht bewusst. Dies liegt vor allem an dem unvollständigen Wissen zur Umsetzung dieser Methode. Der Umstand des Unwissens vernichtet Potenziale. 5S bedeutet
- die eigene Arbeitsumgebung zu standardisieren, nicht nur Ordnung und Sauberkeit,
- Mitarbeiter mitzunehmen und den Zusammenhalt zu stärken, nicht sie auszuschließen
- und all das bei Bedarf im gesamten Unternehmen, nicht nur in der Fertigung.
Wenn der Funken einmal übergesprungen ist, profitieren von der 5S-Mehtode alle. Sie befähigt den Einzelnen dazu, sich dauerhaft einen strukturierten und störungsfreien Arbeitsplatz zu schaffen. Für das Team heißt 5S mehr Zusammenarbeit in einer Arbeitsumgebung mit Wohlfühlfaktor sowie weniger Einarbeitungszeiten und die Firma profitiert alles in allem von einer gesteigerten Produktivität.
Die Vorteile, externe Lösungsanbieter mit hoher Expertise für eine erfolgreiche Umsetzung einzubinden, liegen auf der Hand. Kennzahlenbasierte Analysen, der objektive Blick von außen und ein nachhaltiger Ansatz für längerfristige Erfolge sind einige davon.
Unsere Unterstützung bei der professionellen Umsetzung der 5S-Maßnahmen
- Analyse der IST-Situation
- Qualifizierung der Führungskräfte und Mitarbeiter
- Aktive Begleitung bei der Umsetzung
- Standardisierung der Arbeitsplätze
- Einführung eines gelebten kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zur weiteren Verbesserung der Prozesse
- Begleiten bei der Nachhaltigkeit
Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie weitere Einblicke in unsere Referenzprojekte erhalten möchten.
KONTAKTFORMULAR
Lesen Sie weitere spannende Artikel:
6 Gründe warum Transformationsprojekte scheitern
Ein Projekt ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Damit es erfolgreich verläuft, ist es ratsam, dass sich jedes Unternehmen im Vorfeld die Frage stellt, woran es denn scheitern könnte.
Neukundengewinnung in der Industrie: Online-Marketing versus Kaltakquise
Unabhängig von dem Geschäftsfeld, der Branche oder Unternehmensgröße, für die unternehmerische Sicherheit ist die strategische Kundenakquise von Bedeutung. Kaltakquise zeigt sich selten erfolgreich. Mit Online-Marketing aber ergeben sich nie dagewesene Möglichkeiten für die Industrie, Neukunden zu gewinnen.
Wie Harkort Kunden-Mitarbeiter in Veränderungsprozesse einbindet
Die Mitarbeitermitnahme ist bei Transformationsprozessen von entscheidender Bedeutung. Deshalb ist dieser Aspekt fest in dem ganzheitlichen Ansatz von Harkort verankert. Um eine anfängliche Skepsis in eine Aufbruchsstimmung umzuschlagen, sind mehrere Schritte notwendig.