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ERP Einführung – drei typische Fehler
Wer ERP im Mittelstand oder anderen Unternehmensgrößen einführt, ohne die Prozesse vorher nach Lean ausgerichtet zu haben, steht unweigerlich vor Problemen mit zum Teil verheerenden Auswirkungen für einzelne Abteilungen oder gefährdet im schlimmsten Fall sogar die Wirtschaftlichkeit des gesamten Unternehmens.
In diesem Blogbeitrag wird erläutert, welche typischen Fehler bei der ERP-Implementierung im Unternehmen auftreten können und es wird beispielhaft gezeigt, welche Auswirkungen dies auch bei namenhaften Unternehmen in der Vergangenheit hatte. Wer diese Fehlerquellen beachtet, legt den Grundstein für eine zielgerichtete ERP-Einführung.
1. Fehler: Verzögerung
Die Einführung eines ERP-Systems oder die Umstellung auf ein neues System kann in Betrieben zu erheblichen Verzögerungen führen – davor sind auch große Unternehmen nicht gefeilt. Wer davon auszugeht, dass diese Unternehmen stets ERP-Best Practices darstellen, erliegt einem Irrtum. Das zeigte sich im Jahr 2018 für den Süßwarenkonzern Haribo. Durch die Einführung des Softwaresystems SAP musste der Konzern einen Verkaufseinbruch von einem Viertel seines Jahresumsatzes verzeichnen. Supermärkte konnten ihre Regale nicht rechtzeitig füllen, da Haribo nicht die geforderte Menge der beliebten Gummibärchen und rausschickte. Die Begründung dafür: Das Warenwirtschaftssystem sowie die Logistik funktionierten nach der SAP Einführung noch nicht so wie erhofft. Ein Beispiel dafür, wie die Automatisierung von Geschäftsprozessen nach hinten losgehen kann.
Nicht nur mittelständische Unternehmen scheinen sich mit der Digitalisierung im eigenen Unternehmen schwer zu tun, auch bei dem Riesen Haribo wurde bis 2018 noch teils auf IT aus den Achtzigern gesetzt. Neue Software im gesamten Unternehmen oder sogar standortübergreifend einzuführen, ist aufwendig und fehleranfällig. Prozesse und Daten müssen dabei überführt werden, was bei mangelnder Expertise langwierig ist und zu Verzögerungen im Alltagsgeschäft führt. Die Erfahrung, die Haribo gemacht hat, ist kein Einzelfall: Viele Unternehmen scheitern an der Komplexität der ERP-Implementierung. Häufig kann ein Blick von außen helfen, dass erst gar keine Probleme auftreten.
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2. Fehler: Das Go Live nicht ausreichend vorbereiten
Einer der kritischsten Fehler bei der Einführung eines ERP-Systems ist die unzureichende Vorbereitung auf den Go-Live-Termin. Dieser Schritt markiert den Übergang von der alten Arbeitsweise zu einer neuen, durch das ERP-System gestützten Betriebsstruktur. Eine mangelhafte Vorbereitung kann zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf führen. Wenn Teams nicht ausreichend geschult sind, Datenmigrationen fehlerhaft durchgeführt werden oder kritische Geschäftsprozesse nicht vollständig im System abgebildet sind, kann dies zu erheblichen Leistungseinbußen führen. Das Resultat sind oft verzögerte Auftragsabwicklungen, unzufriedene Kunden und gestresste Mitarbeitende. Noch gravierender ist, dass Entscheidungsträger ohne zuverlässige Daten keine fundierten Entscheidungen treffen können, was die Wettbewerbsfähigkeit und das finanzielle Ergebnis des Unternehmens direkt beeinflusst. Eine gründliche Planung, eingehende Tests und umfassende Schulungen sind daher unerlässlich, um sicherzustellen, dass das ERP-System ab dem ersten Tag effizient und effektiv genutzt wird und die Investition sich auszahlt.
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3. Fehler: Fehlendes Verständnis für Realprozesse
Ein weiterer gravierender Fehler bei der ERP-Implementierung ist das mangelnde Verständnis für die real ablaufenden Prozesse innerhalb des Unternehmens, insbesondere wenn diese von IT-Dienstleistern implementiert werden. Oftmals existieren in den einzelnen Abteilungen etablierte Workarounds – inoffizielle Verfahren, die Mitarbeitende entwickelt haben, um alltägliche Herausforderungen zu meistern. Diese sind allerdings selten in den offiziellen Dokumentationen erfasst und werden deshalb bei der Konfiguration der ERP-Lösungen nicht berücksichtigt. Das führt zu einer signifikanten Diskrepanz zwischen dem, was das System anbietet, und dem, was die Benutzenden tatsächlich benötigen. Die Folge ist eine ausgeprägte Prozessintransparenz, die zu Ineffizienz, Frustration bei den Mitarbeitenden und letztlich zu einer geringeren Akzeptanz des neuen Systems führt.
Um solche Probleme zu vermeiden, ist es entscheidend, eine gründliche Analyse der tatsächlich gelebten Prozesse durchzuführen und dabei sowohl die formalen als auch die informellen Abläufe zu berücksichtigen. Noch bevor die Einführung eines ERP-Systems in Betracht gezogen wird, sollten Unternehmen daher ihre Prozesse mithilfe von Lean-Methoden verschlanken und optimieren. Durch die Eliminierung unnötiger Komplexität und die Schaffung klarer, effizienter Prozessstrukturen kann die Einführung des ERP-Systems auf einem soliden Fundament erfolgen und so den größtmöglichen Nutzen für das Unternehmen generieren. Oftmals bietet es sich an diese Verschlankung der Prozesse mit Hilfe einer externen Beratung durchzuführen, die Hand in Hand mit den Mitarbeitenden des Unternehmens agiert. So wird sichergestellt, dass alle Prozesse, auch die Workarounds erfasst werden.
Fazit
Die Implementierung eines ERP-Systems ist ein komplexes Unterfangen, das tiefgreifende Auswirkungen auf die betrieblichen Abläufe eines Unternehmens haben kann. Wie die beschriebenen Fehler verdeutlichen, führen eine mangelhafte Vorbereitung des Go-Live, ein unzureichendes Verständnis für tatsächlich gelebte Prozesse und Verzögerungen durch unvorbereitete Umstellungen zu gravierenden Problemen. Diese reichen von internen Ineffizienzen und Frustrationen der Mitarbeitenden über Kundenunzufriedenheit bis hin zu signifikanten finanziellen Einbußen, wie das Beispiel von Haribo dramatisch illustriert.
Es ist entscheidend zu verstehen, dass keine Organisation – unabhängig von ihrer Größe oder Branchenzugehörigkeit – immun gegen die Risiken einer ERP-Einführung ist. Die Komplexität und die Reichweite dieser Systeme bedeuten, dass Fehler oder Unachtsamkeiten in der Planungs- und Implementierungsphase zu weitreichenden und manchmal verheerenden Konsequenzen führen können. Um solche Szenarien zu vermeiden, ist eine umfassende ERP-Strategie erforderlich, die eine gründliche Vorbereitung, eine realistische Einschätzung der Unternehmensprozesse und eine kontinuierliche Anpassung und Optimierung nach dem Go-Live umfasst.
Unternehmen sollten daher nicht nur die technologische Implementierung in den Blick nehmen, sondern auch die Menschen, Prozesse und Unternehmenskulturen berücksichtigen, die durch diese Systeme beeinflusst werden. Die Investition in eine gründliche Analyse, die Einbeziehung von Experten und die kontinuierliche Schulung und Unterstützung der Mitarbeitenden können dabei helfen, die Einführung von ERP-Systemen zu einem Erfolg zu machen und die Unternehmen in die Lage versetzen, die Vorteile der Digitalisierung voll auszuschöpfen.Am Ende gilt auch: Erst die Prozesse gerade ziehen und dann diese digitalisieren.
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