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6 Fehler und Irrtümer zu Shopfloor Management

Shopfloor Management wird als bekannt wahrgenommen, ist in seinem Nutzen jedoch oft verkannt. Dies liegt vor allem an den fehlerhaften oder unvollständigen Informationen zur Anwendung dieser Methode. In diesem Beitrag räumen wir mit den sechs üblichsten Fehleinschätzungen auf.

Vermutlich ist das Eisbergmodell eines der besten, um viele Situationen unserer heutigen Welt zu beschreiben. Dessen Kernaussage ist, dass der Großteil der Kommunikation nicht verbal stattfindet und folglich viele Informationen auf den ersten Blick nicht zu sehen sind. Ganz gemäß der Analogie des Eisberges, dessen Masse sich vor allem unter statt über Wasser offenbart.

Unsere Praxis bei Harkort zeigt uns, dass beim Thema Shopfloor Management lediglich an der Spitze des Eisberges gekratzt wird. Denn einerseits ist der Begriff vielen Akteuren bekannt. Andererseits sind die mit ihm verknüpften Informationen oft unvollständig oder fehlerhaft. Dieser Umstand vernichtet Potenzial. Entsprechend möchten wir mit den gängigsten Fehlern und Irrtümern von Shopfloor Management aufräumen.

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Shopfloor Management ist bekannt und glasklar – sicher?

Nur um sicherzugehen, sollte geklärt werden, was Shopfloor Management eigentlich ist. Es handelt sich um eine Methode, die in der Industrie und dem produzierendem Gewerbe Anwendung findet. Sie soll die Organisation und Abwicklung aller linienrelevanten Themen in der Produktion effizient und effektiv gestalten. So zumindest in der Theorie.

Etwas praxisnäher formuliert: Es geht um die Tafeln in der Produktionshalle, die mit ein paar bunten Zetteln beklebt und immer mal wieder besprochen werden. Zumindest glauben dies die meisten Unternehmen. Sicherlich haben diese Unternehmen die Erfahrung gemacht, dass sich nicht so viel geändert hat, was daran liegt, dass Shopfloor Management durch Tafeln allein nicht eingeführt ist.

Shopfloor Management betrifft die Unternehmenskultur

Bunte Tafeln allein reichen nicht aus. Diese sind lediglich ein wichtiges Hilfsmittel. Wichtig dagegen ist die Haltung, die im Rahmen eines richtigen Shopfloor Management entsteht. Denn letztlich handelt es sich um einen kulturellen Wandel, den das Unternehmen machen muss, um Shopfloor Management sinnvoll einzusetzen. Dieser Wandel geht – gemäß dem Eisbergmodell – natürlich weit über die Spitze, also die Tafeln mit bunten Zetteln hinaus.

Unbewusste Kommunikation, Motive, Gefühle und Werte – all das, was Ihre Unternehmens- und Arbeitskultur ausmacht und im Eisbergmodell in der Beziehungsebene unter Wasser angesiedelt ist, muss in Einklang mit den Geschehnissen auf der Sachebene, also der bewussten Kommunikation auf den Tafeln, gebracht werden. Andernfalls verkommen die Tafeln zu wenig bis gar nicht genutzten Hindernissen, die mehr Arbeit machen als Nutzen stiften.

Die sechs klassischen Fehler und Irrtümer des Shopfloor Management

Für manche ist Shopfloor Management neu, alte Hasen dagegen fragen sich, was das alles überhaupt noch soll. Beide Gruppen sind dem Risiko ausgesetzt, dem ein oder anderen Irrtum zu erliegen. Die sechs gängigsten, denen wir in unserer täglichen Praxis begegnen, haben wir aufgelistet:

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1. „Analoge Datenaufnahme ist nicht zeitgemäß, wir haben doch extra Tablets und Co. organisiert.“

Je nach der Qualifikation der Mitarbeiter und der Affinität zu IT-Systemen kann eine Datenaufnahme mit dem Tablet durchaus sinnvoll sein. Jedoch zeigt die Erfahrung, dass eine analoge Datenaufnahme schlicht zugänglicher ist. Auch der wenig IT-affine Mitarbeiter kann seine Gedanken und Ideen mit Zettel und Stift zu Papier bringen und über das Board mit seinen Kollegen teilen.

Darüber hinaus bestehen – je nach Branche – durchaus auch mal Sprachbarrieren oder anderweitige Hindernisse, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind. Oftmals werden solche Defizite verheimlicht, schließlich will niemand etwas falsch machen. Dadurch trauen sich bestimmte Mitarbeiter nicht, sich einzubringen und Potenzial geht verloren.

Zwar gibt es sinnvolle digitale Shopfloor Management Lösungen, allerdings sind diese besonders für international vernetzte Unternehmen mit Werken in verschiedenen Ländern geeignet. Um die Methode zu lernen, ist eine analoge Einführung mit deutlich weniger Risiken und Hürden verbunden. Erst wenn das Team Shopfloor Management beherrscht, sollte es zur weiteren Effizienzsteigerung digitalisiert werden.

Solange dieser Zustand noch nicht erreicht ist, gilt das Zitat von Thorsten Dirks, dem ehemaligen Chef der Telefónica: „Wenn Sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben Sie einen scheiß digitalen Prozess.“ Daher empfehlen wir Shopfloor Management analog zu erlernen und die positiven Effekte durch eine nachgelagerte Digitalisierung weiter zu steigern.

2. „15 Min Zeitaufwand für ein Daily Meeting mit allen Mitarbeitern der Abteilung sind zu viel.“

Ein wichtiger Bestandteil des Shopfloor Management ist das Daily Meeting, bei dem alle Mitarbeiter der Abteilung für 15 Minuten versammelt werden, um alle relevanten Themen des Tages zu besprechen. Oftmals tritt man mit dem Einwand an uns heran, dass 15 Minuten mit allen Mitarbeitern viel zu lang und damit zu teuer sei. Diese Fehleinschätzung berücksichtigt nicht, dass die Kommunikation so oder so stattfindet.

Gerade bei Problemen in der Produktion müssen die Mitarbeiter miteinander sprechen, um eine Lösung zu finden. Jedes dieser Einzelgespräche nimmt ein paar Minuten ein und leidet am „Stille Post“ Effekt, also der Verfälschung der Informationen durch individuelles Erzählen. So summiert sich der Kommunikationsaufwand weit schneller als während einem Daily Meeting, bei dem alle gleichzeitig miteinander sprechen und eine Lösung abstimmen können.

Zudem verzögert der Verzicht auf das Daily Meeting die Entdeckung und Lösung von Problemen und treibt damit die Kosten für Lösungen exponentiell nach oben: Ein Problem in der Produktion zu lösen, kostet oftmals wenig, beim Kunden vor Ort dagegen schnell mehrere tausend Euro. Jede Ebene, die das Problem bewusst oder unbewusst übergeht, steigert die Kosten um den Faktor zehn. Daher sollten Probleme in großer Runde gemeinsam besprochen und schnellstmöglich angegangen, statt erst durch das Qualitätsmanagement oder durch den Kunden entdeckt zu werden.

3. „Wir haben schon Boards in der Produktion stehen, wir machen das schon richtig gut.“

Hier kommt wieder das Eisbergmodell ins Spiel: Nur weil auf der Sachebene alles gut ist, heißt dies noch nicht, dass auch in der Beziehungsebene jedes letzte Quant Potenzial entfesselt wurde. Ein Blick von außen wird sicher dabei helfen, den Ist-Zustand ehrlich zu beurteilen, sodass der Vergleich mit dem Soll-Zustand gelingt. Sprechen Sie uns gern an, um Wertschöpfungspotenziale zu identifizieren und gemeinsam zu heben!

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4. „Shopfloor Management lässt sich schnell und leicht einführen, Coaching braucht es dazu nicht.“

Es ist richtig, dass die Sachebene von Shopfloor Management leicht eingeführt werden kann. Damit es funktioniert, braucht es allerdings eine Veränderung der Unternehmenskultur. Dieser auf der Beziehungsebene des Eisbergmodells geschehende Wandel ist in den seltensten Fällen schnell und einfach selbstständig zu vollziehen.

Es geht darum alte Gewohnheiten abzulegen und neue zu entwickeln und dabei alle Mitarbeiter mitzunehmen. Vom alten Meister bis hin zum Azubi. Hier ist eine Kommunikations- und Transfer-Leistung zu vollbringen, die mit einem Blick von außen wesentlich besser gelingt. Besonders im Hinblick auf Fehler, die regelmäßig aufgezeigt werden müssen, kann es für das Betriebsklima besser sein, den Berater mit Change-Erfahrung statt den Kollegen vorzuschicken.

5. „Wozu KVP? Wir haben doch schon ein betriebliches Vorschlagswesen.“

Das betriebliche Vorschlagswesen ist eine sehr bürokratische Möglichkeit, um die eigenen Prozesse der Mitarbeiterbeteiligung zu verbessern. Erfahrungsgemäß wird es nur ungern genutzt. Dies liegt an den oft komplexen Formularen, die erst einmal dem Mitarbeiter verständlich und zugänglich und dann auch rechtzeitig bearbeitet werden müssen.

In der Regel bewegen sich die Vorschläge durch ein betriebliches Vorschlagswesen im unteren zweistelligen Bereich. Im ganzen Unternehmen über das gesamte Jahr hinweg. Beim Shopfloor Management läuft dies ganz anders ab. Statt eines Formulars, welches allein ausgefüllt wird, treten die Mitarbeiter und Führungskräfte täglich in einen Austausch. Jede Person wird einbezogen. Es ist simpel, es braucht keine IT oder irgendwelche Formulare.

Shopfloor Management ist nah an den Mitarbeitern und sorgt für unmittelbare Rückmeldungen und Verbesserungen. Regelmäßig sehen wir, dass einzelne Teams und Abteilungen eine hohe zweistellige Zahl an Verbesserungsvorschlägen im Jahr unterbreiten. Vor allem aber wird der Großteil von diesen auch kurzfristig umgesetzt.

Dies liegt nicht zuletzt daran, dass der Personalaufwand auf Führungsebene für 80% aller Verbesserungsvorschläge teurer ist als die Umsetzung der eigentlichen Idee. Kurzum: Einfach mal ausprobieren, statt Führungskräfte Ideen evaluieren zu lassen spart Geld und bringt das Team nach vorn. Und keiner musste zuvor einen Antrag stellen, der bei Bewilligung vielleicht gar nicht mehr aktuell ist.

6. „Shopfloor Management ist nur Produktionsbezogen und nichts für das Management.“

Shopfloor Management hat einen Nutzen für die Geschäftsführung, der über die Steigerung von Effizienz und Effektivität in der Produktion hinausgeht. Denn nur weil Durchlaufzeiten in der Fertigung optimiert werden, heißt dies noch nicht, dass der Mehrwert beim Kunden ankommt. Um dies zu gewährleisten, sollten auch die anderen Abteilungen und die Geschäftsführung in das Shopfloor Management integriert werden.

Durch eine unmittelbare Kommunikation aller Akteure des Unternehmens steigert sich das Verständnis der einzelnen Abteilungen für die Herausforderungen der anderen. Besonders die Geschäftsführung profitiert von dem Einblick in die Fähigkeiten und Probleme des Unternehmens, ist den Mitarbeitern näher und kann ihre Steuerungsfunktion besser ausüben.

Zudem findet ein umfassendes Shopfloor Management, welches alle Parteien vereint schneller Lösungswege und Möglichkeiten der Umsetzung. Ziele werden gemeinsam definiert und verfolgt und haben stets einen Sinn. Dies motiviert Mitarbeiter und zeigt ihnen klar die Relevanz ihres Prozesses im gesamten Unternehmen.

Zuletzt führt so ein integratives Shopfloor Management zur Vermittlung der Mehrwerte an den Kunden. Schnellere Liefer- und Produktionszeiten, systematisches Feedback, welches in die Produkt-Entwicklung- und Optimierung einfließt – dies und mehr hilft dem Unternehmen, all seine Prozesse kundenzentriert auszurichten und damit am Markt zu bestehen.

Zusammenfassung

Shopfloor Management wird in seiner Komplexität oftmals unterschätzt. Damit einhergehen Fehler in der Anwendung und ein Verlust an Potenzial. Gemäß dem Eisbergmodell ist die Einführung von Shopfloor Management auf der Sachebene allein zwecklos. Tafeln mit bunten Zetteln allein bringen noch keine Veränderung der Unternehmenskultur und damit keinen Mehrwert.

Die Methode muss auch auf der Beziehungsebene eingeführt und vor allem von allen Mitarbeitern akzeptiert werden. Dazu braucht es ein professionelles Changemanagement, das jeden einzelnen Mitarbeiter mit seinen Vorstellungen, Befindlichkeiten und Werten erreicht. Denn nur wenn Shopfloor-Management vom gesamten Team – einschließlich der Geschäftsführung – im Arbeitsalltag gelebt wird, bringt es wahren Mehrwert.

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