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6 Fehler und Irrtümer bei der Shopfloor Management Einführung 

Vor der Einführung von Shopfloor Management im Unternehmen wird die Thematik häufig als bekannt wahrgenommen, ist in ihrem Nutzen jedoch oft verkannt.  Dies liegt vor allem an den fehlerhaften und unvollständigen Informationen zur Anwendung und Umsetzung dieser Methode. In diesem Blogbeitrag werden wir sechs häufige Fehler und Missverständnisse beleuchten, die im Zusammenhang mit der Shopfloor Management Einführung auftreten können. Erfahren Sie, wie Sie diese Stolpersteine erkennen und umgehen können, um sicherzustellen, dass Ihre Bemühungen zur Prozessoptimierung erfolgreich sind.

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Die Grundlagen von Shopfloor Management kurz zusammengefasst

Nur um sicherzugehen, sollte geklärt werden, was Shopfloor Management eigentlich ist. Es handelt sich um eine Methode, die in der Industrie und dem produzierendem Gewerbe Anwendung findet. Sie soll die Organisation und Abwicklung aller linienrelevanten Themen in der Produktion effizient und effektiv gestalten. So zumindest in der Theorie.

Aus der praxisnahen Perspektive besteht häufig die Annahme, dass die Shopfloor-Management-Umsetzung allein mit den Tafeln in der Produktionshalle einhergeht, die mit ein paar bunten Zetteln beklebt sind und immer mal wieder besprochen werden. Zumindest glauben dies viele Unternehmen. Sicherlich haben diese die Erfahrung gemacht, dass sich durch den Einsatz der Tafeln nicht viel geändert hat. Denn: Die Shopfloor Management Einführung bedarf mehr als nur bunte Tafeln in der Produktion.

Shopfloor Management betrifft die Unternehmenskultur

Tafeln sind lediglich ein wichtiges Hilfsmittel. Wichtig dagegen ist die Haltung, die im Rahmen eines richtigen Shopfloor Management entsteht. Denn letztlich handelt es sich um einen kulturellen Wandel, den das Unternehmen vollziehen muss, um Shopfloor Management sinnvoll einzusetzen. Dieser Wandel geht weit über ein analoges oder digitales Shopfloor Board hinaus.

Unbewusste Kommunikation, Motive, Gefühle und Werte – all das, was Ihre Unternehmens- und Arbeitskultur ausmacht, muss in Einklang mit den Geschehnissen auf der Sachebene, also der bewussten Kommunikation auf den Tafeln, gebracht werden. Andernfalls verkommen die Tafeln zu wenig bis gar nicht genutzten Hindernissen, die mehr Arbeit machen als Nutzen stiften.

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Die sechs klassischen Fehler und Irrtümer des Shopfloor Management

Für manche ist Shopfloor Management neu, alte Hasen dagegen fragen sich, was das alles überhaupt noch soll. Beide Gruppen sind dem Risiko ausgesetzt, dem ein oder anderen Irrtum zu erliegen. Die sechs gängigsten, denen wir in unserer täglichen Praxis begegnen, haben wir aufgelistet:

1. „Analoge Datenaufnahme ist nicht zeitgemäß, wir haben doch extra Tablets und Co. für digitale Shopfloor Boards organisiert.“

Je nach der Qualifikation der Mitarbeiter und ihrer Affinität zu IT-Systemen, kann eine Datenaufnahme mit dem Tablet durchaus sinnvoll sein. Jedoch zeigt die Erfahrung, dass eine analoge Datenaufnahme schlicht zugänglicher ist. Auch der wenig IT-affine Mitarbeiter kann seine Gedanken und Ideen mit Zettel und Stift zu Papier bringen und über das Board mit seinen Kollegen teilen.

Zwar gibt es sinnvolle digitale Shop floor Management Lösungen, allerdings sind diese besonders für international vernetzte Unternehmen mit Werken in verschiedenen Ländern geeignet. Um die Methode zu lernen, ist eine analoge Einführung mit deutlich weniger Risiken und Hürden verbunden. Erst wenn das Team Shopfloor Management beherrscht, sollte es zur weiteren Effizienzsteigerung zum Beispiel ein digitales Shopfloor Board verwenden.

Solange dieser Zustand noch nicht erreicht ist, gilt das Zitat von Thorsten Dirks, dem ehemaligen Chef der Telefónica: „Wenn Sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben Sie einen scheiß digitalen Prozess.“ Daher empfehlen wir Shopfloor Management Umsetzung analog durchzuführen und die positiven Effekte durch eine nachgelagerte Digitalisierung weiter zu steigern.

2. „15 Min Zeitaufwand für ein Shopfloor Meeting mit allen Mitarbeitern der Abteilung sind zu viel.“

Ein wichtiger Bestandteil des Shopfloor Management ist das Shopfloor Meeting, bei dem alle Mitarbeitenden der Abteilung für 15 Minuten versammelt werden, um alle relevanten Themen des Tages zu besprechen. Oftmals tritt man mit dem Einwand an uns heran, dass 15 Minuten mit allen Mitarbeitenden viel zu lang und damit zu teuer sei. Diese Fehleinschätzung berücksichtigt nicht, dass die Kommunikation so oder so stattfindet.

Gerade bei Problemen in der Produktion müssen die Mitarbeitenden miteinander sprechen, um eine Lösung zu finden. Jedes dieser Einzelgespräche nimmt ein paar Minuten ein und leidet am „Stille Post“-Effekt, also der Verfälschung der Informationen durch individuelles Erzählen. So summiert sich der Kommunikationsaufwand weit schneller als während einem Shopfloor Meeting, bei dem alle gleichzeitig miteinander sprechen und eine Lösung abstimmen können.

Zudem verzögert der Verzicht auf das tägliche Shopfloor Meeting die Entdeckung und Lösung von Problemen und treibt damit die Kosten für Lösungen exponentiell nach oben: Ein Problem in der Produktion zu lösen, kostet oftmals wenig, beim Kunden vor Ort dagegen schnell mehrere tausend Euro. Jede Ebene, die das Problem bewusst oder unbewusst übergeht, steigert die Kosten um den Faktor zehn. Daher sollten Probleme in großer Runde gemeinsam besprochen und schnellstmöglich angegangen, statt erst durch das Qualitätsmanagement oder durch den Kunden entdeckt zu werden.

3. „Wir haben schon Boards in der Produktion stehen, wir machen das schon richtig gut.“

Boards, egal ob analoge oder digitale Shopfloor Boards sind zweifellos ein wichtiges Instrument im Shop floor Management, da sie die Visualisierung von Informationen und Prozessen ermöglichen. Allerdings reichen sie allein nicht aus, um eine effiziente Shopfloor Management Einführung sicherzustellen. Eine erfolgreiche Implementierung erfordert weitere Elemente und Schritte. Boards können als Werkzeug dienen, um Informationen transparent zu machen, aber sie müssen in ein umfassenderes Rahmenwerk eingebettet werden, um einen langfristigen Erfolg zu gewährleisten. Ein Blick von außen wird sicher dabei helfen, den Ist-Zustand ehrlich zu beurteilen, sodass der Vergleich mit dem Soll-Zustand gelingt. 

4. „Eine Shopfloor Management Einführung lässt sich schnell und leicht umsetzen, Coaching braucht es dazu nicht.“

Es ist richtig, dass die Sachebene von Shopfloor Management leicht eingeführt werden kann. Damit es funktioniert, braucht es allerdings eine Veränderung der Unternehmenskultur. Dieser Wandel ist in den seltensten Fällen schnell und einfach selbstständig zu vollziehen.

Es geht darum, alte Gewohnheiten abzulegen und neue zu entwickeln und dabei alle Mitarbeitenden mitzunehmen. Vom alten Meister bis hin zum Azubi. Hier ist eine Kommunikations- und Transfer-Leistung zu vollbringen, die mit einem Blick von außen wesentlich besser gelingt. Besonders im Hinblick auf Fehler, die regelmäßig aufgezeigt werden müssen, kann es für das Betriebsklima besser sein, den Berater mit Change-Erfahrung statt den Kollegen vorzuschicken.

5. „Wozu KVP? Wir haben doch schon ein betriebliches Vorschlagswesen.“

Das betriebliche Vorschlagswesen ist eine sehr bürokratische Möglichkeit, um die eigenen Prozesse der Mitarbeiterbeteiligung zu verbessern. Erfahrungsgemäß wird es nur ungern genutzt. Dies liegt an den oft komplexen Formularen, die erst einmal dem Mitarbeiter verständlich und zugänglich gemacht und dann auch rechtzeitig bearbeitet werden müssen.

In der Regel bewegen sich die Vorschläge durch ein betriebliches Vorschlagswesen im unteren zweistelligen Bereich. Im ganzen Unternehmen über das gesamte Jahr hinweg. Beim Shopfloor Management läuft dies ganz anders ab. Statt eines Formulars, welches allein ausgefüllt wird, treten die Mitarbeitenden und Führungskräfte täglich in einen Austausch. Jede Person wird einbezogen. Es ist simpel, es braucht keine IT oder irgendwelche Formulare.

Shopfloor Management ist nah an den Mitarbeitenden und sorgt für unmittelbare Rückmeldungen und Verbesserungen. Regelmäßig sehen wir, dass einzelne Teams und Abteilungen eine hohe zweistellige Zahl an Verbesserungsvorschlägen im Jahr unterbreiten. Vor allem aber wird der Großteil von diesen auch kurzfristig umgesetzt.

Dies liegt nicht zuletzt daran, dass der Personalaufwand auf Führungsebene für 80% aller Verbesserungsvorschläge teurer ist als die Umsetzung der eigentlichen Idee. Daher kann es zielführend sein, bestimmte Ideen selbst umzusetzen, anstatt Führungskräfte Ideen evaluieren zu lassen. Dies spart Geld und bringt das Team nach vorn. Und keiner musste zuvor einen Antrag stellen, der bei Bewilligung vielleicht gar nicht mehr aktuell ist.

6. „Shopfloor Management ist nur Produktionsbezogen und nichts für das Management.“

Shopfloor Management hat einen Nutzen für die Geschäftsführung, der über die Steigerung von Effizienz und Effektivität in der Produktion hinausgeht. Denn nur weil Durchlaufzeiten in der Fertigung optimiert werden, heißt dies noch nicht, dass der Mehrwert beim Kunden ankommt. Um dies zu gewährleisten, sollten auch die anderen Abteilungen und die Geschäftsführung eine Einführung in Shopfloor Management erhalten.

Durch eine unmittelbare Kommunikation aller Akteure des Unternehmens steigert sich das Verständnis der einzelnen Abteilungen für die Herausforderungen der anderen. Besonders die Geschäftsführung profitiert von dem Einblick in die Fähigkeiten und Probleme des Unternehmens, ist den Mitarbeitenden näher und kann ihre Steuerungsfunktion besser ausüben.

Zudem findet eine umfassendes Shopfloor-Management-Umsetzung, welche alle Parteien vereint, schneller Lösungswege und Möglichkeiten der Umsetzung. Ziele werden gemeinsam definiert und verfolgt und haben stets einen Sinn. Dies motiviert Mitarbeiter und zeigt ihnen klar die Relevanz ihres Prozesses im gesamten Unternehmen.

Zuletzt führt so ein integratives Shopfloor Management zur Vermittlung der Mehrwerte an den Kunden. Schnellere Liefer- und Produktionszeiten, systematisches Feedback, welches in die Produkt-Entwicklung- und Optimierung einfließt – dies und mehr hilft dem Unternehmen, all seine Prozesse kundenzentriert auszurichten und damit am Markt zu bestehen.

Zusammenfassung

Die Shopfloor Management Einführung wird in seiner Komplexität oftmals unterschätzt. Damit gehen Fehler in der Anwendung und ein Verlust an Potenzial einher. Eine Einführung von Shopfloor Management nur auf der Sachebene ist zwecklos. Tafeln mit bunten Zetteln allein bringen noch keine Veränderung der Unternehmenskultur und damit keinen Mehrwert.

Die Methode muss auch auf der Beziehungsebene eingeführt und vor allem von allen Mitarbeitern akzeptiert werden. Dazu braucht es ein professionelles Changemanagement, das jeden einzelnen Mitarbeiter mit seinen Vorstellungen, Befindlichkeiten und Werten erreicht. Externe Berater mit der nötigen Expertise und Erfahrung können hier eine gewinnbringende Unterstützung darstellen. Denn nur wenn Shopfloor-Management vom gesamten Team – einschließlich der Geschäftsführung – im Arbeitsalltag gelebt wird, bringt es wahren Mehrwert.

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